Altmeppen russische Uhren

23. 10. 2018 – Treffen der Uhrenfreunde in Moskau

 

Johannes Altmeppen

ein paar Worte zum
Treffen der Uhrenfreunde am 23. Oktober 2018 in Moskau

 

Meine Damen und Herren, liebe Uhrenfreunde

Vor mehr als 25 Jahren war ich das erste Mal in Moskau, um meine damals noch kleine Sammlung russischer Uhren aus der Zeit der Sowjetunion zu ergänzen.

Seither habe ich hier viele Freunde gefunden und wenn ich bei meiner Ankunft auf einem der Flughäfen Ihrer Stadt russischen Boden betrete, fühle ich mich schon fast wie zuhause.

Ich danke Ihnen, dass ich heute vor einem Kreis von Experten ein paar Worte sprechen darf.

Ich werde nicht über technische Details einzelner Uhren reden, denn davon verstehen viele von Ihnen mehr als ich. Jeder Einzelne von uns ist ein Experte für sein Spezialgebiet.

Ich möchte zwei Fragen beantworten:
Was ist mein Anliegen ?
Wie kann ich einen Beitrag leisten ?

Mehr als 600 namentlich bekannte Uhrmacher aus der Zarenzeit und mehr als 20 Uhrenfabriken aus der Sowjetzeit haben ein reiches Erbe hinterlassen.

Um die Spanne von 1880 bis 1990 aufzuzeigen, habe ich Ihnen Fotos von zwei Uhren aus meiner Sammlung mitgebracht:

–  das Taschen-Chronometer „Ericsson No 4“ (Bild 1) mit einem Werk von Preston. Die Hall Mark „D“ im 925er Sterlingsilber-Gehäuse zeigt das Herstellungsjahr 1879/80.

 

Altmeppen russische Uhren - Bild 1
Bild 1

 

–  Ende der 1980er Jahre hat das Forschungsinstitut „НИИ ЧАСПРОМ“ ein Quarz-Chronometer entwickelt. „Poljot“ sollte es in Serie bauen. Durch die politische Wende und den Zusammenbruch der russischen Uhrenindustrie ist es dazu nicht mehr gekommen.
Es gibt nur einen Prototyp von „Poljot“, die АКУ 2 817 0002 (Bild 2)

 

Altmeppen russische Uhren - Bild 2
Bild 2

 

Uhren sind immer auch ein Abbild ihrer Zeit.
Eine angemessene Betrachtung scheint mir nur möglich in ihrem „Historischen Rahmen“, politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich.

Dazu drei Beispiele aus den USA und der UdSSR
(Wecker, Taschen-Uhren, Armband-Uhren)

–  Mit Beginn der Industrialisierung zu Mitte des 19. Jahrhunderts war der Wecker (Bild 3 _ Ansonia – Wecker) die wichtigste Uhr im Haus. Der Ernährer der Familie musste rechtzeitig aufstehen, um pünktlich in der Fabrik zu sein.

–  Die „Uhr am Mann“, die Taschen-Uhr, (Bild 4 _ Hampden – Special Railway) konnte der einfache Arbeiter sich nicht leisten. Das ging erst mit der „Dollar-Uhr“ (Bild 5 _ Tip Top Jr.).

–  Die Armband-Uhr war zu Beginn des letzten Jahrhunderts eine Mode-Erscheinung am Handgelenk von Frauen (Bild 6 _ Hampden – Molly Stark). Ihren Durchbruch erreichte sie im und nach dem Ersten Weltkrieg.

Die Industrialisierung Russlands begann mit dem ersten „5-Jahres-Plan“ (1928 – 1933). Uhrentechnisch musste die Sowjetunion also 80 Jahre gegenüber den USA aufholen (Bild 7 _ US-Uhrenindustrie 1850 – 1930).

–  Den Bedarf an Weckern (Bild 8 _ Ansonia) sollte die 2. Staatliche Uhrenfabrik mit der amerikanischen Uhrenfabrik „Ansonia“ decken.

–  Die 1. Staatliche baute primär Taschen-Uhren (Bild 9 _ TYP 1) – in erster Linie für hoheitliche Aufgaben.

–  Die Armband-Uhr (Bild 10 _ TMP – AU) erreichte ihren Durchbruch in Russland nach dem Zweiten Weltkrieg mit den Marken „Swesda“ und Pobjeda“.

Die Bilder 3 bis 10 habe ich dem Text angehängt

Damit komme ich zu meinen beiden Fragen:
1. „Was“ ist mein Anliegen ?“

Ich will einen Einblick geben in die Uhrmacherkunst der Sowjetunion und anregen, sich mit diesem Kapitel der Zeitgeschichte näher zu befassen.
Und ich möchte einen Beitrag leisten, um das Erbe Russischer Uhrmacherkunst zu bewahren.

2. „Wie“ kann ich als Deutscher – 2.000 km entfernt von Moskau – meinen Beitrag dazu leisten?

–  Vor 25 Jahren habe ich angefangen, meine Sammlung aufzubauen
–  Vor 20 Jahren (1998/99) habe ich im „Uhren-Magazin“ meine Serie: “Zeitgeschichte der Russischen Uhren“ veröffentlicht (180 Seiten / 451 Fotos)
–  Vor 10 Jahren habe ich mit meiner Forschungsarbeit zum „Deutschen Einheits-Chronometer“ und zu den beiden russischen Chronometern „6 MX“ und „13 ЧП“ begonnen. Das Buch ist 2012 erschienen.
–  Vor 5 Jahren habe ich begonnen, mein Wissen ins Internet zu stellen: www.dg-chrono.de
–  Vor einem Jahr habe ich meinen ersten Vortrag im Museum „Lichter Moskaus“ gehalten und daraus ein russisch/deutsches booklet gemacht.
–  morgen werde ich den nächsten Vortrag halten und daraus wieder ein russisch/deutsches booklet machen.

Dann habe ich viele Fachvorträge in der „Deutschen Gesellschaft für Chronometrie“ (DGC) gehalten. Ich habe Artikel veröffentlicht und Ausstellungen gemacht – u.a. in der Russischen Botschaft in Berlin und im „Tucher“ (mit einem Ausstellungs-Katalog).

Das gedruckte Wort ist wichtig. Das Internet gewinnt zunehmend an Bedeutung.
Ich habe keinen Zweifel daran, dass es schon in wenigen Jahren so gute Übersetzungsprogramme gibt, dass ich Ihre russischen Texte auf Deutsch und Sie meine deutschen Texte auf Russisch lesen können.

Neben Print und Internet messe ich dem Gespräch zwischen Gleichgesinnten eine hohe Bedeutung bei  —  und das machen wir heute.

Wir haben die Grundlagen zur Wahrung des Russischen Uhren-Erbe gelegt. Wir werden daran weiterarbeiten. Das kann ein Mensch nicht alleine. Dazu brauchen wir ein Team. Und ich bin stolz darauf, dass ich ein Teil dieses Teams sein darf.

Ich wünsche mir, dass es uns auch gelingt, in Moskau ein Uhren-Museum nur für Russische Uhren aufzubauen.

Ich danke Ihnen für Ihre Geduld.

 

Altmeppen russische Uhren - Bild 3 - Ansonia-Wecker
Bild 3 – Ansonia-Wecker
Altmeppen russische Uhren - Bild 4 - Hampden Special Railway
Bild 4 – Hampden Special Railway
Altmeppen russische Uhren - Bild 5 - Tip Top Jr.
Bild 5 – Tip Top Jr.
Altmeppen russische Uhren - Bild 6 - Hampden Molly Stark
Bild 6 – Hampden Molly Stark
Altmeppen russische Uhren - Bild 7 - US-Uhrenindustrie 1850-1930
Bild 7 – US-Uhrenindustrie 1850-1930
Altmeppen russische Uhren - Bild 8 - Ansonia
Bild 8 – Ansonia
Altmeppen russische Uhren - Bild 9 - TYP 1
Bild 9 – TYP 1
Altmeppen russische Uhren - Bild 10 - TMP AU
Bild 10 – TMP AU

 

 

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner